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Liebe Zeitung

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Liebe Zeitung,

ich gebe es ja zu. Es ist wirklich nicht einfach mit uns beiden. Jahre lang hast Du mich morgens begleitet. Am Frühstückstisch meiner Eltern. Schon in jungen Grundschuljahren. Du warst immer bei mir, hast mir in den Tag geholfen und auch wenn ich den Politik-Teil damals nicht wirklich interessant fand, oder schlicht nicht verstanden hab, habe ich gerne in dir geblättert, gestöbert und gelesen.

Du hast mich neugierig gemacht. Neugierig auf die Welt da draußen, neugierig auf dich und spannendes von neben an.

Nach meinem Auszug aus meinem Elternhaus und dem Einzug in die erste WG sind wir uns erst mal aus dem Weg gegangen. Du weißt schon: Neue Erfahrungen sammeln, mal was anderes kennen lernen und die Welt sehen. Aber irgendwann hast Du uns gefehlt und wir haben dich zu uns in die Gemeinschaft geholt. Erst auf Probe und dann über ein Jahr lang.

Aber nach ein paar Monaten war die Luft raus. Irgendwie wollte sich das Gefühl von früher nicht mehr einstellen. Vielleicht lag es daran, das sich mein Alltag mittlerweile nicht mehr auf der Schulbank – ganz ohne Smartphone – abspielte, sondern nahezu nur noch vor dem Rechner und dem Smartphone – der Arbeit wegen.

Politik interessierte mich mittlerweile immer mehr. Und auch was in der Welt geschieht finde ich sehr interessant. Aber all das, Du kennst das Dilemma, habe ich schon am Abend vorher gelesen, gehört und in bewegten Bildern genießen können. Zuhause, auf der Couch. Unterwegs im Café oder neben der Arbeit im ganz normalen www.

Eins hattest Du aber noch: Spannende, lokale Geschichten. Lokalkolorit und Lokalpolitik. Berichte, Bilder, Persönlichkeiten. Magazine aus und über die Region.
Alles Dinge, die ich im Netz auch nur von dir bekomme.

Aber selbst deine lokale Verbundenheit konnte uns nicht vor der Trennung retten. Ich habe irgendwie immer auf mehr gewartet. Wollte dir eine Chance geben, schauen ob Du dich in diesen schnelllebigen Zeiten noch einmal aufraffst. Mir zeigst, das Du mehr kannst als mir im Rheinischen-Format deine Geschichten zu präsentieren. Das Du offen bist für neues. Für neue Formate, neue Ideen, neue Wagnisse.

Weißt Du, auch wenn es jahrelang gut lief in unserer Beziehung, es fehlt einfach ein bisschen Feuer. Ich fühle mich schon länger nicht mehr gehört, nicht ernst genommen als treuer, junger Leser und Begleiter. Ein bisschen Selbstbewusstsein, ein bisschen Liebe und ein bisschen Zuneigung würde unserem Verhältnis sicher gut tun.

Vielleicht schaffen wir es ja bald zu einer Aussprache. Ich kenne viele deiner heimlichen Liebhaber, die dir gerne mit gut gemeintem Rat und auch Taten zur Seite stehen würden.

Ich bin mir sicher, das Du es noch schaffen kannst uns neugierig zu machen. Neugierig auf dich und deine Zukunft.

Dein
Tim


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